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Der Hausärzteverband hat sich dafür ausgesprochen, vor der Einführung eines verbindlichen Hausarztsystems die gesetzlich Versicherten in einer Übergangsphase mit einem Bonussystem zur Teilnahme zu bewegen. "Machen wir uns nichts vor: Die Umstellung auf ein verbindliches Primärarztsystem wird Jahre dauern", sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes, Markus Beier, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vom Montag. "Es wird eine längere Umstellungsphase geben, in der wir die Menschen motivieren sollten, freiwillig einzusteigen und die Vorteile kennenzulernen."
Statt eines direkten finanziellen Vorteils für die Versicherten sei auch denkbar, die Krankenkassen zu belohnen, damit sie sich für eine Teilnahme ihrer Versicherten einsetzten, ergänzte Beier. "Das Geld könnten die Kassen beispielsweise auch dafür nutzen, ihre Versicherten von Zuzahlungen zu befreien."
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will mit dem Primärarztsystem für stabile Kassenbeiträge sorgen. Dem Modell zufolge soll künftig immer zuerst ein Hausarzt aufgesucht werden, der dann an eine Facharztpraxis überweist. Ausgenommen sein sollen Gynäkologen, Augen- und Zahnärzte. "Wenn am Ende ein Schweizer Käse mit unzähligen Ausnahmen und Schlupflöchern entsteht, dann werden die meisten Patientinnen und Patienten auch zukünftig auf sich allein gestellt durch das System irren", kritisierte Beier nun.
Das Primärarztsystem sei zudem "keine simple Überweisungsmaschine". Als Generalisten seien die Hausärztinnen und Hausärzte dafür geschult, "den allergrößten Teil der Patientenanliegen direkt in den Hausarztpraxen abschließend zu klären". In der Regel könnten hier 80 bis 90 Prozent aller Probleme gelöst werden.
Der Vorstandschef der kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, schlug vor, das Primärarztsystem erst ab einem Alter von 50 Jahren anzuwenden. Das Modell sei vor allem bei Patienten sinnvoll, die wegen verschiedener Erkrankungen in Behandlung seien, sagte er der "Bild"-Zeitung. Da brauche es "eine ordnende Hand im Sinne der hausärztlichen Praxis", um "alle Befunde zusammenzuführen" und gegebenenfalls zu Fachärzten zu überweisen.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Armin Grau kritisierte diesen Vorstoß als "nicht zielführend". Gesundheit sei "keine Frage des Alters", erklärte Grau. "Auch junge Menschen brauchen eine verlässliche hausärztliche Betreuung. Eine starre Altersgrenze verfehlt das Ziel einer durchdachten und nachhaltigen Patientensteuerung."
Die meisten gesundheitlichen Probleme ließen sich gut und sicher in der Hausarztpraxis klären, betonte auch Grau. Sie benötigten aber mehr Unterstützung. "Es darf nicht sein, dass sie zu reinen Überweisungsstellen werden. Wir müssen ihre Rolle als erste Anlaufstelle im System stärken - durch gezielte Entlastung und weniger Bürokratie."
C.Sramek--TPP